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Der Ochtruper Berg im Mittelpunkt des Zeitgeschehens

 von Werner Brünen

 

Unter dieser Überschrift berichtete die Ochtruper Tageszeitung ganzseitig am 12.Juli 1932 über eine gewaltige Kundgebung der katholischen Jungmännerwelt, die ca. 5000 Menschen zum Ochtruper Berg strömen ließ.

Diese Kundgebung war der Abschluß einer Versammlungswoche im Jugendheim, die vom Ochtruper Jesuitenpater Horstmann gestaltet wurde. Im damaligen Zeitungsbericht heißt es:

„Seine abendlichen Themen vermochten so recht eindringlich die neue Zeit mit ihren Gefahren zu schildern und einen Sturm heiliger Begeisterung in den Herzen aller Zuhörer zu entfachen!”

Ein seines Landes verwiesener spanischer Pater hatte nämlich kurz zuvor in einer vielbeachteten Rede über die Hetze und Verfolgung seiner katholischen Landsleute durch atheistische Kräfte berichtet und die Deutschen eindringlich gewarnt,

„damit das morgen in Deutschland nicht möglich wird, was heute in Spanien Tatsache wurde.”

Erinnern wir uns an das Jahr 1932. In Deutschland gab es damals fast 6 Millionen Arbeitslose. Kommunistische und vor allem faschistische Parteien stritten mit verfänglichen Parolen heftig um die Gunst der Wähler.

Nun weiter zum besagten Zeitungsbericht über die würdige Abschlußkundgebung am Sonntagabend im Juli 1932:

„Was sich hier den Augen der Öffentlichkeit bot, hatte Ochtrup bisher noch nicht erlebt. Nach einer Abendandacht, in der Herr Pater Horstmann ein packendes Schlußwort sprach, und Herr Pfarrer Winkelmann die Bannerweihen vornahm, formierte sich ein Flammenmarsch, der für Ochtrup einzig dasteht. Wohl 1.500 Jungmannen, Fackeln tragend, die am ewigen Licht entzündet, zogen unter Vorantritt eines Tambourkorps, anschließend zahlreiche Wimpel und Banner von Jungmannen getragen, inmitten die Welberger Musikkapelle, in endlosem Zuge über die Bahnhofstraße, Gärtnerstraße, Gronauer Straße zum Berg. Metelen erschien mit ca. 100 Jungmannen, große Abordnungen entsandten Gronau (mit Knüppelmusik), Epe, Neuenkirchen, Borghorst usw. Tausende Eingesessene bildeten Spalier und folgten dem stolzen Zuge, so daß der Berg wohl noch niemals soviel Menschen auf seinem Rücken getragen haben wird!“

Nachdem der katholische Gesellenverein und ein von Herrn Konrektor Potthoff geleiteter Sprechchor flammende Sprüche und Appelle zu Gehör gebracht hatten, bildete die mitreißende Rede des Ochtruper Oberprimaners Franz  Reckels den Glanzpunkt des Abends. Vom ehemaligen Wasserturm aus weithin klar vernehmlich prangerte Franz Reckels den Ungeist der Zeit an und forderte die Jugend auf, Christus dem König ewig zu dienen und ewige Treue zu schwören. Wörtlich fährt er fort:

„Christi Banner flattert im Wind. Unter seines Kreuzes Fahne wollen wir streiten und kämpfen, aber nicht mit Feuer und Schwert, sondern mit den Waffen des Geistes, mit dem Vorleben eines echten, innerlichen Christentums, mit Opfersinn und Nächstenliebe!”

Eine weitere Passage aus seiner langen aufrüttelnden Rede (die wörtlich in der Zeitung abgedruckt ist):

„Die Liebe zum Nächsten, zu allen Menschen, besonders zu unseren Volksgenossen ist es, die das Angesicht der Völker und Länder erneuern kann. Wir, die katholische Jugend, müssen und wollen diese Liebe verstehen und verschenken lernen. Denn es ist unsere größte Aufgabe, das Reich Gottes hier auf Erden zu verwirklichen und mitzuschaffen am Bau der moralischen Gesundung unseres Volkes!”

Seine markigen Worte und die überschwenglichen Redewendungen, die unserer heutigen Lebensart wohl nicht mehr entsprechen, muß man im Zusammenhang sehen mit der katholischen bündischen Jugendbewegung der zwanziger Jahre. Man war auf  romantische Art naturnah, asketisch und männlich -edel. Zu ausgedehnten Fahrten und Wanderungen in die Natur gehörten Klampfen, Mundharmonika und Kochtopf und natürlich eine zünftige Kluft. Die Jungen sangen Volks- und   Landsknechtlieder und grüßten mit “Sturm -Heil”. Auf ihren mitgeführten Wimpeln und Bannern prangte das Christus-Monogramm, wie überhaupt Christus ihr programatischer Mittelpunkt war, und das Ordensrittertum mit Kraft, Mut, Zucht und Frömmigkeit als Vorbild diente.

Zum Abschluß der Kundgebung auf dem Ochtruper Berg sprachen abschließend noch Pater Horstmann und Pfarrer Winkelmann zur versammelten Menge, und gemeinsam sang man zum Abschluß “Meerstern, ich Dich grüße”. Dann ging es mit Musik über die Bentheimer Straße zur Kirche zurück, wo ein Segen die Kundgebungswoche beendete.

Wer war nun dieser Oberprimaner Franz Reckels, der so mutig und öffentlich den Zeitgeist kritisierte und seinen katholischen Glauben bekannte? Franz Reckels wurde am 12. April 1913 im Hause Laurenzstraße Nr. 58 geboren. Nach dem Besuch der hiesigen Rektoratsschule wechselte er zum Gymnasium nach Rheine über, wo er 1933 mit besten Noten die Hochschulreife erlangte. Ein Universitätsstudium wurde ihm jedoch von den inzwischen zur Macht gelangten Nazis verwehrt. Die maßgebliche Teilnahme an der oben beschriebenen Treue-Kundgebung sowie seine führende Tätigkeit in der katholischen Jugendbewegung „Neu-Deutschland” (abgekürzt ND) wurden ihm nun heimgezahlt. Zunächst verbrachte er einige Monate beim „Freiwilligen Arbeitsdienst” (nicht zu verwechseln mit dem späteren Reichsarbeitsdienst) und nahm verschiedene Gelegenheitsarbeiten an, bis er dann doch noch durch Fürsprache des Ochtruper Ortsgruppenleiters Goebel einen Studienplatz bekam. Seinem Lieblingswunsch, Jura zu studieren, wurde nicht entsprochen. So erwählte er zur großen Freude seines Vaters das Studium der Tiermedizin und legte 1939 in Hannover sein Staatsexamen ab.

Wie so viele seiner Altersgenossen und Freunde war Franz Reckels Soldat im letzten Weltkrieg und fiel als Stabsveterinär, ausgezeichnet mit hohen Verdienstorden, im August 1944 in Frankreich.

Möge dieser kurze Beitrag ein Beispiel dafür sein, daß sich in dieser wirren Zeit nicht alle “gleichschalten” ließen und den Idealen ihres katholischen Elternhauses treu blieben, wie sie es auf der Bergkundgebung im Juli 1932 gelobt hatten.

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