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Die Germania. Ein Gefallenenehrenmal in Ochtrup

Helmut Elsner, Heimatblätter Heft 2, 1991

Der aufmerksame Besucher des Ehrenhains an der Hellstiege hat sicherlich schon einen alten, bearbeiteten und altertümlich verzierten rotbraunen Stein (Wesersandstein) mit einer Marmortafel gesehen. In fast verblichenen Lettern sind auf dieser Tafel die Ochtruper Toten der Kriege 1866 und 1870/71 festgehalten. Hier die Namen der Gefallenen und die an den Kriegsfolgen verstorbenen Ochtruper mit der Widmung: Der Amtsverband Ochtrup seinen Tapferen Kriegern. Es starben den Tod fürs Vaterland 1866 Musketier Wilhelm Hues 4.7.1866 Theodor Feldevert 4.7.1866

1870 u. 71 Füsilier Wilhelm Lastering 14.8.1870 Grenadier Bernh. Herm. Lücker 18.8.1870 Musketier Herm. Wienefoet 18.9.1870 Krankenwärter Bernh. Everdiking 9.9.1870 Musketier Herm. Enkrodt 2.10.1870 Sergant Theod. Oelerich 3.10.1870 Musketier Heinr. Entrup 3.10.1870 Füsilier Herm. Heinr. Springenheide 5.10.1870 Musketier Theodor Heinr. Thiatmar 2.11.1870 Füsilier Bern. Heinr. Bakenecker 16.11.1870 Füsilier Albert Zurich 30.11.1870 Füsilier Bern. Anton Kockmann 1.12.1870 Obergefreiter Joh. Everhart Bern. Merselt 3.12.1870 Kürassier Joh. Herm. Bredstege 3.1.1871 Musketier Franz Melchior Werning 25.1.1871

Die älteren Mitbürger werden wissen, dass es sich bei diesem Gedenkstein um den Rest des alten Gefallenenehrenmales am Bergtor, also um den Rest des alten Germania- Denkmals handelt. Die Bürger des Amtsverbandes Ochtrup hatten Mitte der achziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts beschlossen, zu Ehren der in den drei „Einigungskriegen“ gefallenen Mitbürgern ein Ehrenmal zu errichten. Dank der Geberfreudigkeit der Bürger, vor allen Dingen der hiesigen Unternehmer (hier vorzugsweise die Fa. Laurenz), war bald die Summe für die Errichtung eines würdigen Denkmals im Stile der Zeit zusammen. Ein namhafter Bildhauer, Christian Mosecker aus Münster, erhielt den Gestaltungs- und Bauauftrag. Am 22. und 23. Oktober 1887 war es dann soweit. Im Rahmen einiger festlicher Tage konnte die Germania eingeweiht werden. Ca. 5000 Mark betrugen die Baukosten. Das entspricht grob gerechnet unter Zugrundelegung der Vergleichspreise für Grundnahrungsmittel und Getränke, einem heutigen Wert von 35.000 DM (1), gemessen am Einkommen ca. 80.000 DM (2). Eine stolze Summe, wenn man bedenkt, dass ohne Landes- oder Bundeszuschüsse gebaut werden musste. Zu (1): die Preise 1887 für gehobene Lebensmittel gegenüber 1991. Zu (2): das Nettoeinkommen eines Facharbeiters von 1887 gegenüber 1991. Die Germania erinnerte fortan an die Gefallenen der Einigungskriege. Sie war aus dem Leben des Ackerbürgerstädtchens nicht mehr wegzudenken. Sie überstand auch den ersten Weltkrieg und war zu einem Bestandteil Ochtrups geworden. Die Bürger störten sich nicht am blanken Schwert an ihrer Seite. Es sei hier noch erwähnt, dass sie dem Vernehmen nach zu einem beliebten Treffpunkt für Liebespaare, oder die, die es werden wollten, wurde. Es kam der 2.Weltkrieg mit all seinen Schrecken. Mit einer „Germania“, auch wenn sie ihr Schwert nicht erhob, hatte man nicht mehr viel im Sinn: Sie musste abgebrochen werden! Da traf es sich gut, dass eine Straßenverbreiterung im Bereich der Kreuzung Gronauer Straße – Bentheimer Straße – Berg- und Parkstraße notwendig wurde. Die Germania wurde nicht etwa an andere Stelle des hier neu angelegten kleinen Parks (der Volksmund nannte diesen bald Augustusplatz, nach dem damaligen Amtsdirektor August Möllering) erneut aufgestellt, nein, sie wurde total entmilitarisiert und verkam mit vielen Blessuren auf einem städtischen Baulagerplatz. Auch das sogenannte „Schepers Kreuz“ an der Bentheimer Straße musste weichen, es wurde jedoch im hinteren Teil des „Augustusplatzes“ erneut aufgestellt. Aus der letztlich zerstörten Germania konnte nur das Stück mit der Marmortafel und den darauf stehenden Namen der Gefallenen gerettet werden. Dieses Teilstück fand später einen neuen, würdigen Platz im neu geschaffenen Ehrenhain an der Hellstiege. Beim Abbruch der Germania wurden einige im Fundament eingeschlossene Gegenstände gefunden, die Zeugnis von der sogenannten „guten alten Zeit“, als Kaiser Wilhelm regierte, ablegen. Laut einer Aufstellung des verstorbenen Stadtarchivars Paul Brockhoff, dem die Sicherstellung der Germania- Fragmente zu danken ist, wurden folgende Gegenstände im Fundament gefunden: 1. Eine Urkunde über die Errichtung des Ehrenmales vom 21.10.1887 2. 2. Mehrere Zeitungen vom 20. und 21. Oktober 1887 3. 3 Ein Fahrplan der Bahnstrecke Münster – Gronau (gültig ab 1.10.1887). 4. Eine Anzahl Münzen, die im Jahre der Errichtung der Germania gültig im Umlauf waren. 5. Die Urkunde und die Zeitungen geben interessante Einblicke in das Denken und Tun der damaligen Zeit. Nicht weniger von Bedeutung sind die Münzen, die im Sockel der Germania eingemauert waren. Erzählen sie doch dem Münzkundigen Geschichten aus vergangenen Tagen und lassen Geschichte wieder lebendig werden. Der damalige Abbruch der Germania hat unserer Stadt Ochtrup, die mit alten historischen Bauwerken sicher nicht gerade gesegnet ist, leider um ein zeittypisches Denkmal ärmer gemacht.

Urkunde aus der „Germania“:

Zur Erinnerung an die ruhmreichen Kriege, welche die Nation in den Jahren 1864, 1866 und 1870/71 gegen Dänemark, Österreich und Frankreich geführt, und getragen von der Anhänglichkeit an die schweren Opfer, welche jene Kriege aus den Gemeinden des Amtsverbandes Ochtrup gefordert, ferner als Zeichen der Anerkennung für die aus den Kämpfen siegreich zurückgekehrten Krieger, endlich als Mahnung für die Nachwelt

Zur Zeit der Kriegsgefahr in gleicher Liebe und Anhänglichkeit an das Vaterland ebenfalls das Leben einzusetzen

Ist dieses Denkmal im Jahre 1887 errichtet worden. Die Kosten haben incl. Herrichtung des Platzes, welcher bis dahin ein Teich war und von der Gemeinde Wiegbold Ochtrup als Standort für das Denkmal unentgeltlich abgetreten ist, etwa 5000 Mark betragen und sind durch freiwillige Beiträge der Gemeinde- Eingesessenen sämtlicher zum Amtsverbande Ochtrup gehörenden Gemeinden aufgebracht worden. Ochtrup, den 21. Oktober 1887 Der Amtmann: Schumann Die Gemeindevertreter:Hermann Laurenz,Berghaus,Steven,Franz Schulte Bockholt Der Commandeur des KriegerVereins: Hefre

Siegel der Urkunde,

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