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Wer war Professor August Gärtner?

dargelegt aus Archivunterlagen von Anita Bender. 

Nach der im ersten Heft veröffentlichten Lebensgeschichte des ersten Arztes in Ochtrup und Wundarztes im Kreis Steinfurt soll heute die Lebensgeschichte seines Sohnes Prof. Dr. med. August Gärtner, dessen Namen auch die Prof.-Gärtner-Straße trägt, hier vorgestellt werden.

August Gärtner, der ein sehr bedeutender Fachmann unter den deutschen Hygienikern war, wurde am 18. April 1848 in Ochtrup geboren. Er studierte zunächst an der Universität Münster Medizin. Als Feldassistenzarzt diente er im Krieg 1870/71 und nahm dabei u.a. an den Schlachten um Gravelotte und Sedan sowie an der Belagerung von Paris teil. Dafür erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse.

Im Jahre 1872 bestand er das Rigorosum „magna cum laude“ und ebenfalls das Staatsexamen „cum laude“. Danach stand er als Stabsarzt bei der Kaiserlichen Marine in Dienst. Es gibt kaum ein Land der Welt, das Gärtner in den 12 Jahren Seefahrt nicht kennengelernt  und studiert hat. Nach 2 ½ jähriger Tätigkeit am Kaiserlichen Gesundheitsamt unter Robert Koch, bekam er 1886 den Ruf als Professor für Hygiene sowie für gerichtliche Medizin und als Amtsphysikus nach Jena. Hier wirkte Prof. Gärtner in 30 jähriger, rastloser Arbeit „…zum Nutzen der Wissenschaft und zum Wohle des Volkes…“

Die Hygiene, damals eine Grenzwissenschaft, greift auf die verschiedensten Gebiete des täglichen Lebens über. Demnach war auch die wissenschaftliche Betätigung Prof. Gärtners sehr vielseitig. Er schrieb über 90 gedruckte Arbeiten über die Gebiete der allgemeinen Hygiene, der Schiffs-, Stadt- und Wohnungshygiene, über Nahrungsmittel- und Bergbauhygiene ebenso wie über Wasser- und Nahrungsmittelhygiene und Kriegshygiene. Dabei vergaß er nicht, auch über Abwässer, Desinfektion und Bakteriologie usw. wissenschaftliche Arbeiten zu veröffentlichen. Allein über Wasser- und  Abwässer hat er über 40 Arbeiten verfasst und einige hundert Gutachten erstellt. Am bekanntesten ist sein Buch: "Die Hygiene des Wassers“, auch damals als „Wasserbibel“ bekannt. Als „Wasserspezialist“ war er nicht nur in Deutschland eine anerkannte Autorität, auch vom Ausland wurde er vielfach als Gutachter herangezogen. Unter anderem war er tätig in Luxemburg, Petersburg, Moskau, Belgrad, Kairo und anderen Städten.

Für immer ist sein Name jedoch in die Wissenschaft eingegangen durch die Entdeckung des Erregers der Fleischvergiftung, des Bazillus „enteritidis“, gewöhnlich auch „Gärtner-Bazillus“ genannt. Es würde hier zu weit führen, wollte man alle Gebiete aufzeigen, in denen sich Prof. Gärtner in unermüdlicher und praktischer Arbeit betätigte. Wer das Verzeichnis seiner Arbeiten, Schriften und Abhandlungen durchblättert, muss erstaunt sein über den Umfang und den Erfolg seiner Schaffenskraft.

Zum 1. Oktober 1914 hatte Prof. Gärtner seinen Abschied erbeten. Zwei Tage nach seiner letzten Vorlesung brach der 1. Weltkrieg aus. Er blieb noch im Amt und wurde gleichzeitig hygienischer Beirat für sämtliche Lazarette des 11. Armeekorps. In seinem Institut wurden unzählige Liter Schutzimpfstoff gegen Typhus und Cholera hergestellt. Immer wieder wurde er in andere Lazarette zur Bekämpfung des Fleckfiebers gerufen. Als 1915 sein Nachfolger ins Amt zurückkehrte, wurde Prof. Gärtner zum Kriegssanitäts-Inspektor für die Gefangenenlager ernannt und entfaltete auch dabei eine segensreiche Tätigkeit. Seine langen Erfahrungen fanden ihren Niederschlag in den amtlichen „Anweisungen des Kriegsministeriums“.

Am 31. Dezember 1918 wurde er, inzwischen 70 Jahre alt, von der Heeresverwaltung entlassen. Sein erfolgreiches Leben voller Arbeit brachte ihm, der sich aus äußeren Ehrungen nichts machte, trotzdem Auszeichnungen in großer Zahl. Zitat von ihm: „In dicken Orden zeigt sich auf meinem Busen die gesamte Geographie Thüringens.“ –Die Universität Münster verlieh ihm den Dr. phil. h.c., der Großherzog von Sachsen ihm den Titel  Geheimrat, der deutsche Verein von Gas- und Wasserfachleuten verlieh ihm die Bunsen-Pettenkofer-Ehrentafel; neun in- und ausländische Gesellschaften ernannten ihn zu ihrem Mitglied. 1911 und 1928 übertrug man ihm die Leitung der Hygieneausstellung in Dresden, 1926 in der Düsseldorfer „Gesolei“ die Abteilung Wasserversorgung. Zu seinem 70. Geburtstag verlieh ihm die Stadt Jena, in der er auch 12 Jahre lang dem Gemeinderat angehörte, das Ehrenbürgerrecht. Seine Heimatstadt Ochtrup ehrte ihn zu seinem 80. Geburtstag ebenfalls mit dem Ehrenbürgerrecht und benannte eine Straße nach ihm.

Seiner Heimat war er zeitlebens in Liebe verbunden. Besonders in den Jahren des wohlverdienten Ruhestandes zog es ihn immer wieder nach Ochtrup, um hier die Plätze seiner Jugend wieder aufzusuchen. Gerne traf er sich mit den wenigen noch lebenden Bekannten seiner Jugend, um abends mit ihnen  noch „ ene Muul vull Platt“ zu reden. Erstaunlich war der Schatz seiner Erinnerungen aus längst vergangenen Zeiten, überaus rege sein Interesse an der Geschichte Ochtrups und die Entwicklung seiner Heimatstadt. Ein reger Briefwechsel von ihm, der teilweise erhalten ist, unterstreicht die vorgehenden Anmerkungen zusätzlich. Die Geschichte seiner Familie, der er eine Geschichte Ochtrups vorausschickt, beruht auf ausgedehnten Quellenstudien und ist für den Heimatfreund heute wertvolles Material. Den Bürgern seiner Heimatstadt stand er jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Seine aus der Kenntnis des Ortes gewachsenen Vorschläge und Anregungen in den Fragen zur Abwasserbeseitigung und der Verbesserung hygienischer Verhältnisse sowie seine eingehenden Vorschläge und Anweisungen zur Rattenvertilgung sind für die ehemalige Verwaltung unter Dr. Linnhof und nicht zuletzt für die Allgemeinheit von besonderem Wert gewesen.

Prof. August Gärtner starb am 21. Dezember 1934 in Jena.

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